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Besuch in Buzludhza und Reifenchaos – Bulgarien

In Bulgarien reisen wir bei strahlendem Sonnenschein ein. Wir steuern sofort die nächste Stadt an, Russe, um uns mit Nahrung, Eis und Bargeld zu versorgen. Die Außenbezirke der Stadt wirken dabei wie eine Geisterstadt: Verlassene Industrieruinen, leere und sehr schlechte Straßen begleiten uns bis wir in die Innenstadt abbiegen und das blühende Leben vorfinden.

Den eher südlich verlaufenden Trans-Euro-Trail werden wir aus Zeitgründen in Bulgarien nicht mehr befahren, aber wir haben bereits ein anderes Ziel in vor Augen. Auf dem Weg dorthin übernachten wir auf der Trinity Rocks Farm, einem Camping Platz an einem sehr matschigen Fluss. Hier treffen wir Jason, einen in Bulgarien lebenden Briten. Er gibt uns einen Tipp für einen Campingplatz in der Nähe unseres nächsten Etappenziels und erzählt uns von den in Bulgarien für wenige 1000€ zu habenden Grundstücken. Eine kurze Google-Suche zeigt: Er hat Recht. Ich wusste bis jetzt gar nicht, dass ich ein Haus in Bulgarien haben will. Am gleichen Abend fällt auch noch Thomas linker Flip-Flop dem Fluss zum Opfer, der morastige Boden verschluckt diesen und gibt nur jede Menge anderen Müll wieder Preis.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf Richtung Schipkapass. Der Pass ist nach dem anliegenden Ort Schipka benannt und mit einer Höhe von knapp 1.200m einer der höchsten Pässe Bulgariens. Der Pass war 1877 und 1878 Schauplatz der entscheidenden Schlacht zur Befreiung Bulgariens im Russisch-Osmanischen Krieg. Den in dieser Schlacht gefallen Soldaten wurde am Pass ein Denkmal gesetzt, ein 31m hoher, pyramidenförmiger Turm, umrahmt von Löwen und Kanonen. Vom Fuß des Berges führen 890 Stufen bis hoch zum Denkmal. Nach reiflicher Überlegung (“Nehmen wir die Stufen?” – “Äh, nein?”) haben wir uns entschieden, unsere Motorräder zu nutzen und die Aussicht zu genießen. Am Horizont zeigt sich bereits unser nächstes Etappenziel: Chadschi Dimitar, bekannter als das Buzludhza Monument.

Das Buzludhza Monument steht schon sehr lange auf meiner Liste von Orten, die ich noch besuchen will. Und nach einigen Kilometern einer verlassenen, mit Schlaglöchern gespickten Straße erhebt es sich endlich gegen den grauen Himmel: Das Ufo der sozialistischen Bewegung Bulgariens. Das Denkmal befindet sich direkt auf dem Berggipfel und wurde 1981 zur 1300-Jahr-Feier der bulgarischen Staatsgründung eröffnet. Bereits mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Staats acht Jahre später wurde das Gebäude wieder dem Verfall überlassen, und es ist beeindruckend, wie schnell sich innerhalb weniger Jahre der Zustand eines solchen Gebäudes verschlechtern kann. Zu gerne würden wir uns das Gebäude auch von innen ansehen, da der große Saal und die über 500 Quadratmeter an Mosaiken auf Bildern immer sehr beeindruckend wirken. Leider wird das Gebäude aufgrund des maroden Zustands und zunehmendem Vandalismus seit Mai 2018 rund um die Uhr von einem Security Guard überwacht. Die zuletzt bekannten Einstiege über ein Loch in den Keller des Gebäudes sind mit Brettern und einem Steinhaufen verschlossen. Pläne, den Aufpasser in seiner Hütte einzusperren oder nachts von hinten an den Eingang zu schleichen werden genauso schnell verworfen wie geboren, und so müssen wir uns mit dem Anblick von Außen zufrieden geben. Welcher immer noch beeindruckend genug ist. Auf dem Berggipfel gelegen wirkt die Betonscheibe wirklich imposant, Wasser tropft nach den Regenfällen der letzten Tage aus undichten Stellen der Verschalung und der Ausblick auf die umliegenden Berge und Hügel ist wirklich unglaublich.

Nachdem wir einige Stunden das Monument bestaunt haben, ist es schon spät und es wird beschlossen, den von Jason empfohlenen Camping-Spot im Wald auf dem Nachbarhügel aufzusuchen. Im Wald angekommen finden wir eine Lichtung, von der mehrere Abzweige in verschiedene Richtungen führen. Die möglichen Wege werden aufgeteilt und einzeln erkundet, um schließlich den perfekten Platz für die Zelte zu finden: Leicht abgelegen im Wald und mit direktem Blick auf das Monument. Perfekter Zeltplatz bedeutet aber auch: Für Internet muss den Hügel hoch gelaufen werden! Oder mit dem Motorrad gefahren, um dabei gleich Holz für das abendliche Lagerfeuer einzusammeln. Nachdem jedes Teil unserer Garderobe nach Rauch zu duften anfängt, legen wir uns in die Zelte und werden von einem bekannten Geräusch in den Schlaf gesungen: Dem auf dem Zeltdach prasselnden Regen. Am nächsten Morgen ist der ganze Wald und das in der Entfernung kaum noch erkennbare Monument durch die tief hängenden Wolken in einen mysteriösen Nebel gehüllt, und alle unsere Sachen natürlich nass. Wir geben unsere Hoffnungen nicht auf und wollen unser Glück noch einmal mit der Sauna probieren, und tatsächlich: In Shipka gibt es ein Hotel mit Dampf- und Infrarot-Sauna, in welchem wir uns gleich bis zum nächsten Tag einquartieren. Wie üblich wird das Zimmer in einen Trockenraum für Zelte und die gewaschene Wäsche umfunktioniert.

Da der Abschied von Anton und seiner KTM bevorsteht, fahren wir nicht mehr besonders weit. Das Gepäck wird in einem Apartment abgeladen und die Gegend rund um das Dorf unsicher gemacht. Dabei entdecken wir einsame Seen, jagen die Enduros in endlosen Kreisen durch einen verlassenen Steinbruch und verschrecken versehentlich Kühe mit tieffliegenden Drohnen. Der bevorstehende Abschied scheint der KTM jedoch nicht zu gefallen, sie lässt ihre Wut durch immer wieder überkochendes Kühlwasser ab. Doch alles Zicken hilft nichts, nach einer kurzen Reparatur geht es zum letzten gemeinsamen Abendessen. Da es im gewählten Restaurant weder eine englische noch russische Karte gibt werden wir von der Bedienung aufgefordert, Essen zu bestellen ohne zu wissen, was eigentlich angeboten wird. Zielsicher zeigen wir auf das Bier und den bei Google Bilder abgebildeten Schaschlik und werden nicht enttäuscht.

Die letzten zwei Tage in Bulgarien verbringen wir dann erstmals zu zweit und fahren los, Ziel ist die Hafenstadt Burgas. Hier warten (hoffentlich) die vorab bestellten neuen Reifen (TKC80) und eine Fähre nach Georgien auf uns. Der Besuch an der Werkstatt sorgt für Ernüchterung: Die Reifen sind noch nicht da, vielleicht kommen sie morgen. Das könnte mit dem Abfahrtstermin der Fähre knapp werden. Den Tag kann uns das trotzdem nicht verderben, denn wir haben unser erstes Etappenziel erreicht: Das Schwarze Meer! Auch die kühle Wassertemperatur kann uns von einem Bad nicht abhalten. Viel mehr hat die Stadt allerdings auch nicht zu bieten, also begeben wir uns früh in die Wohnung und hoffen, am nächsten Morgen alles geregelt zu kriegen.

Die erste gute Botschaft erreicht uns nach dem Aufstehen: Laut DPD Tracking sind die Reifen da! Also direkt zur Werkstatt, doch diese gibt die Reifen nur nach einer halben Stunde guten Zuredens heraus. Für das Aufziehen der Reifen haben sie auch keine Zeit. Das können wir zwar auch selbst, aber da wir eh noch ein bisschen Zeit haben, wollen wir das Auf- und Abziehen der Reifen in einer Reifenwerkstatt machen lassen. Allgemein erleben wir die bulgarische Gastfreundschaft sehr gemischt: Von sechs angefahrenen Werkstätten erklärt sich nur eine bereit die Reifen zu wechseln, will aber eine viel zu hohe Summe dafür. Alleine Todor von Emandievi Moto tut alles, um uns zu helfen. Da seine Werkstatt die nötigen Werkzeuge nicht hat, fährt er mit uns weitere Shops an und übersetzt. Leider erfolglos, aber vielen Dank für diese Hilfe! Reifen mit Schläuchen scheinen hier doch weniger üblich zu sein als erwartet.

Da zum selber Wechseln vor der Fähre die Zeit mittlerweile auch zu knapp wird, machen wir genau das, was wir auf unserer Reise niemals tun wollten: Wir fahren mit vier Reifen bepackt Richtung Hafen, um mit einer Fähre den Sprung nach Georgien zu machen.

Motorradreifen unterwegs bestellen

Reifendirekt.de liefert nicht nur Reifen nach Deutschland, sonder bietet über Partner auch Versand ins Ausland an. Hier haben wir unsere Reifen nach Bulgarien bestellt, innerhalb von fünf Tagen waren diese am Wunschort. Leider ist in den angebotenen Ländern Zentralasien nicht vertreten, Reifen für große Enduros sind dort allgemein schwieriger zu bekommen. Deshalb haben wir unsere Reifen in Bulgarien erneuert, obwohl die alten noch ein wenig durchgehalten hätten.