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Eine etwas andere Kreuzfahrt – Mit der Fähre von Burgas nach Batumi

Nachdem wir uns wiederwillig die Reifen auf das Motorrad geschnallt haben, begeben wir uns Richtung Hafengebebiet in Burgas, um die Fähre von Bulgarien nach Georgien anzutreten. Im Hafen treffen wir zum ersten Mal andere Motorrad Reisende auf unserer Reise.

Claudio ist Italiener, reist bereits seit über 10 Jahren und hat sich für diese Reise eine knallrote Honda XL600 für umwerfende 600 Euro gekauft. Ein Gepäcksystem aus Plastik Koffern hat er geschenkt bekommen, da es aber für ein anderes Motorrad gedacht war, musste er es anpassen. Und weil nach seiner Montage der originale Auspuff nicht mehr so richtig passen wollte, hat er diesen kopfüber wieder angeschweißt, sodass es jetzt bei schlechtem Wetter in die Abgasanlage regnet. Claudio fährt in italienischen Militärstiefeln, Cordhose und einem Museumsstück von einem Helm, den er bei seinem ersten Motorrad vor über 40 Jahren gratis dazu bekommen hat.

Claudios Reisepartner ist Roberto, ein Spanier auf einer BMW GS650 Dakar, dessen halbe Elektrik bereits ausgefallen ist und welches damit Claudio das Vergnügen bereitet, dass nicht sein 600€-Motorrad das Problembike der Reise ist. Er spricht nicht viel Englisch, aber macht deutlich, dass Claudio „veeerry slow“ unterwegs ist.

Außerdem an Board ist ein ungarisches Pärchen auf einer BMW, ein paar Fahrrad Fahrer aus Deutschland und der Schweiz sowie ein bunt gewürfelter Haufen LKW Fahrer aus Armenien, Georgien und Bulgarien.

Die Abwicklung im Hafen ist unkompliziert, im Zoll werden die Daten zu Passagier und Fahrzeug aufgenommen und das Ticket zur Fähre ausgestellt, im Büro der Fähr-Organisation die Tickets bezahlt (320€ pro Person mit Motorrad) und dann geht es auch schon auf das Boot. Da wir keine Erfahrungsberichte zu dieser Fähre gefunden hatten, wissen wir nicht was uns erwartet, und haben uns von einem tagelangen Vodka-Gelage nach Art einer russischen Hochzeit bis hin zum Liegen auf Deck bei malerischen Sonnenuntergängen alles ausgemalt.

Wir haben zuerst mal ein Viererzimmer für uns und hoffen das das auch so bleibt. Die Spielregeln an Board sind schnell geklärt, 3 mal am Tag gibt es etwas zu Essen. Als wir uns zum ersten Abendessen versammeln, haben die LKW Fahrer die erste Flasche Wodka schon vertilgt. Das Essen ist einfach, aber durchaus lecker und sättigend. Wir finden uns in einer Gruppe mit den deutschen Fahrrad-Fahrern Tina und Ruben sowie Claudio und Roberto wieder. Es werden die weiteren Reisepläne diskutiert, bevor die eine Hälfte sich auf das Deck begibt, um sich den Sonnenuntergang und die Ringkämpfe der LKW Fahrer anzusehen. Die andere Hälfte bekommt zur selben Zeit in der Kajüte die erste Runde Schnaps eingeschenkt, in brüchigem Russisch eine ausführliche und blumige Einführung in die georgische Geschichte dargeboten und erste Einladungen für Übernachtungen werden ausgesprochen.

Nachdem wir uns endlich in die Betten begeben, wird unsere Hoffnung auf eine eigene Kabine um ein Uhr nachts doch noch enttäuscht. Die Tür geht auf, zwei bulgarische Fahrer betreten den Raum, nicken uns zu und verlassen mit einer Flasche Vodka in der Hand wieder den Raum. Das wäre also geklärt.

Da es außer Essen und Schlafen auf der Fähre nichts anderes zu tun gibt, sind zu den Mahlzeiten alle bemerkenswert pünktlich. Die Essensausgabe startet 10 Minuten vor der angekündigten Zeit und ist eine halbe Stunde später bereits erledigt. Wer meint um 9 Uhr noch Frühstück zu bekommen, hat sich getäuscht. An Deck treibt neuerdings ein Georgier sein Unwesen, der wohl in der Nacht noch eingetroffen ist und seitdem jede freie Minute mit Alkoholkonsum statt Schlaf zugebracht hat, verraten durch einen um 8 Uhr Morgens bereits bemerkenswert schwankendem Gang (und das bei absolut ruhiger See!). Von uns allen liebevoll „Captain“ getauft, verteilt das osteuropäische Abbild von Jogi Löw nach einigen schlechten Jahren ausgiebig Bierdosen, Umarmungen und Küsse, begleitet von seinem ausschweifenden Vokabular „Entschuldigung!“ und „Du, große Problem!“, sollte sich jemand gegen die Umarmung weigern. Gegen Mittag verschwindet er dann doch endlich in seine Kabine und schläft seinen Rausch aus.

Claudio betritt das Deck mit einem paar Socken und seiner Unterhose in der Hand, und sucht einen Platz um diese aufzuhängen. In seiner Kabine hat sich nachts noch ein Armenier einquartiert, der wohl aufgrund seiner Leibesfülle ein Ticket für zwei Personen kaufen musste. Caudio ist höchst dankbar, dass er nicht in dem Stockbett unter ihm schlafen muss.

Den Rest des Tages füllen wir mit Diskussionen zu Game of Thrones, Durak, nach Delfinen Ausschau halten und dem Zählen der Stunden bis zur nächsten Mahlzeit. Ratespiele, was es denn wohl dieses Mal auf den Teller schafft, werden inklusive eines ausgefeilten Punktesystems auf die Beine gestellt. Der Alkoholkonsum bleibt am zweiten Abend überraschend moderat. Der dritte Tag an Bord gleicht dem Vorigen eins zu eins, bis auf zwei feine Unterschiede: 

Seit seinem Verschwinden wurde der Captain nicht mehr gesehen, und erste Sorgen machen sich breit. Hat ein genervter LKW Fahrer ihn von Bord befördert? Wurde er in seine Kajüte oder in seinen LKW eingeschlossen? Es herrscht allgemeine Ratlosigkeit. 

Und es steht die große Geburtstagsfeier an: Thomas wird 24 und es wurden alle Freunde und Bekannte zur ausgiebigen Feier auf dem Partyboot eingeladen. Leider folgte keiner dieser Einladung, also wurde das Fest in der kleinen Runde mit den bekannten Gesichtern der letzten Tage abgehalten.

Herrscht während der Überfahrt noch absolute Ruhe und Gelassenheit an Bord, ist es damit spätestens beim Eintreffen im Hafen von Batumi vorbei. Seltsam, wie man sich entspannen kann, wenn man weiß es gibt nichts anderes zu tun, aber kaum abwarten kann das Schiff zu verlassen, sobald man theoretisch die Möglichkeit hätte. Zur Erledigung der Zoll- und Einreiseformalitäten kommt die Hafen-Crew auf das Boot, und zum Glück werden Fahrrad- und Motorradfahrer bevorzugt behandelt. Beim Auschecken wird auch der Captain wieder gesichtet, Erleichterung macht sich breit. Er lebt also noch! Jetzt nur noch die am Vorabend gepackten Taschen holen, auf das Motorrad packen … und warten bis der Bus ganz vorne in der Fähre endlich über die Rampe rollt. 

Dann dürfen auch wir endlich von Bord, und mit den Toren des Hafen-Areals öffnet sich uns auch ein neues Land, von dem wir nur Gutes gehört haben: Georgien!

Infos zur Fähre von Bulgarien nach Georgien

Die Fähre fährt von Burgas in Bulgarien nach Batumi in Georgien. Die Überfahrt dauert von Freitag Abend bis Montag Morgen, wir waren nach Erledigung aller Formalitäten etwa gegen 11 Uhr morgens von Bord. Kosten für einen Passagier mit Motorrad belaufen sich auf 320€, zahlbar in Bar vor Ort im Büro direkt im Hafengebiet. Enthalten sind Transport, ein Bett in einer Viererkabine und alle Mahlzeiten, sowie heißes und kaltes Wasser und Tee rund um die Uhr. Tickets können eine Woche vorab per E-Mail reserviert oder ein paar Tage vor Abfahrt direkt im Büro gekauft werden. 
Einzelheiten zu Preisen und Fahrplan: http://www.pbm.bg/schedule 

Alternativen:
Der Landweg über die Ukraine und Russland ist lang und es wird ein Russland-Visum benötigt, der Landweg über die Türkei ist der einfachere Weg. Und wenn man Zeit mitbringt auch fahrerisch sehr schön.

Alternative Fähren gibt es auch:
Einmal monatlich von Varna in Bulgarien nach Poti in Georgien. Ich habe gehört, dass diese Fähre keine Passagiere mitnimmt, konnten aber keine Bestätigung für diese Information finden. Kontakt: http://www.navbul.com/en/main-activities/ferry/ 
Ansonsten gibt es nur die Fähre von Chornomorsk in der Ukraine nach Georgien, hier steht auch Online-Buchung zur Verfügung: https://bookhere.ukrferry.com/e

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