Von der armenischen Grenze begeben wir uns auf direktem Weg nach Tiflis zu unserem spontan gebuchten Airbnb. Die Straße hinter diesem Grenzübergang ist zum Glück in wesentlich besserem Zustand als bei unserer Ausreise aus Georgien bei Zhdanovakani, also kommen wir zügig voran. Auf dem Weg vertilgen wir noch den Rest der fettigen Wurst und Teigfladen und gönnen den Motorrädern wieder mal eine Wäsche, da wir in den nächsten Tagen ein paar Wartungsarbeiten vornehmen wollen. An sauberen Motorrädern schraubt es sich doch wesentlich angenehmer. Pünktlich zum Feierabendverkehr erreichen wir die Hauptstadt, und das viele Stop and Go behagt vor allem der ölgekühlten DR nicht. Als die Öltemperatur die 100°C Marke erreicht, kommen wir endlich an unserer Unterkunft an und schieben die Motorräder in den Innenhof. Für die nächsten drei Tage ist ein Apartment mit Gemeinschaftsküche und Wohnzimmer, einem eigenem Bad sowie dem vielversprechenden Namen „Instagram Hotel“ unser zu Hause. Da wir noch immer außerhalb der Saison unterwegs sind, ist nur ein weiterer Gast da, und wir haben die komplette Wohnung praktisch für uns allein. Für diesen Luxus zahlen wir nur 12€ Euro pro Nacht – für zwei Personen. Wirklich „instagrammable“ ist der Ort zwar nicht, aber genau das, was wir brauchen.
Die paar Tage außerhalb des Sattels nutzen wir hauptsächlich für Erledigungen: Wäsche wird gewaschen und alle Leinen im Garten von uns damit beschlagnahmt, alle Steckdosen mit Ladegeräten für unsere Akkus bestückt, Fotos und Videos sortiert und die Website aktualisiert.
An den Motorrädern werden Luftfilter gereinigt und frisch geölt, los vibrierte Teile wieder fest geschraubt und kleinere Reparaturen vorgenommen. Auf der Suche nach einer Werkstatt, in welcher wir das Öl unserer Motorräder selber wechseln können, finden wir die Jungs von Mototravel Tblisi. Willem und Nika bieten geführte Touren durch Georgien an und vermieten ihre Motorräder auch an selbständige Fahrer. Zum Fuhrpark gehören die betagten BMW F650GS, die Suzuki Vstrom und die neue Honda AfricaTwin. Da in Georgien kein Direktvertrieb der Motorräder und Ersatzteile stattfindet, müssen die Jungs die Bikes, Reifen etc. alles aus dem Ausland importieren. Die XT660Z hatte es ihnen angetan, denn mit diesem Modell wollen sie eventuell die mittlerweile gealterten BMW ersetzen. Die Garage der Jungs ist ein Traum, sehr schön eingerichtet und erhöht gelegen, mit einem tollen Ausblick auf Tiflis.
Aber nicht nur unsere Fahrzeuge brauchen Pflege. Nachdem der nächstgelegene Beauty Salon sich weigert, uns die Haare zu schneiden, finden wir ein paar Straßenecken weiter doch noch einen kleinen Barber Shop. Ausländische Gäste scheinen hier aber eher ungewöhnlich zu sein, aus allen Ecken des Ladens werden uns die ganze Zeit verstohlene Blicke zugeworfen. Die zwei Haarschnitte kosten uns etwa fünf Euro, die Kasse des Salons besteht simplerweise aus zwei leeren Haribo Dosen: Eine für Münzen und eine für Scheine. Den Rest der Zeit verbringen wir damit durch die Stadt zu laufen, georgische Spezialitäten sowie Weine und Biere zu probieren und jeden Abend auf der in den georgischen Landesfarben strahlenden Freiheitsbrücke, begleitet von einem letzten Snack und Musik, ausklingen zu lassen.
Den letzten Abend in Tiflis fahren wir mit der Standseilbahn hoch in den um diese Uhrzeit geschlossenen, aber frei begehbaren Freizeitpark oberhalb der Stadt, direkt neben dem markanten Fernsehturm. Unter Fernsehturm und Riesenrad hat man einen imposanten Ausblick auf die in den dunklen Nachthimmel strahlende Stadt. Tiflis ist zwar die Hauptstadt und gleichzeitig die größte Stadt Georgiens, wirkt mit seinen nur knapp über 1 Millionen Einwohnern aber nicht so wie man es eben von einer Hauptstadt erwarten würde. Sobald man außerhalb des Zentrums in ein paar Nebenstraßen abbiegt, findet man hier genau so unbefestigte Wege und Hühnerställe wie auch auf dem Land. Die Stadt hat eine rundum angenehme Atmosphäre und verlockt dazu, länger zu bleiben, um ein wenig darin zu versinken.
Etwa eine Fahrstunde von Tiflis entfernt liegt Gori. Eine eigentlich eher kleinere Stadt, die vor allem durch einen Mann Berühmtheit erlangt hat: Es ist der Geburtsort Joseph Stalins. 1957 wurde hier für ihn ein eigenes Museum errichtet. Von einem ganzen Straßenzug ist nur das Stalinsche Elternhaus übrig, um welches herum das Museum gebaut wurde. Neben dem sehr einfachen Haus gibt es noch Stalins eigenen Eisenbahnwaggon (Stalin hatte angeblich Flugangst), zahlreiche Statuen und Büsten und eine Ausstellung aller möglichen Exponate seiner Geschichte und seines Werdegang in der Sowjetunion zu besichtigen. Besonders interessant : Die zahlreichen Geschenke von Parteifreunden und anderen Staatschefs an Stalin: Vom Schachbrett über ein kleines Vodkafass und eine mit Edelsteinen verzierte Zieharmonika bis hin zur imposantesten Nachttischlampe der Neuzeit ist alles dabei. Das Museum zeigt auf jeden Fall einen ganz anderen Umfang mit der eigenen Geschichte als man es aus aus Deutschland gewohnt ist. Man stelle sich den Aufschrei bei Eröffnung eines Adolf Hitler Museums vor. Dabei wirkt dieses Museums keineswegs verherrlichend, die Führung gibt neutral die historischen Ereignisse wieder und verschweigt auch die Millionen Toten aus Stalins Gulags nicht. Nur die russischen, mit den Statuen für Fotos posierenden Besucher geben dem ganzen einen faden Beigeschmack.
Nach drei Tagen in der Stadt wollen wir aber wieder auf den Motorrädern sitzen und brechen wieder einmal Richtung nördliche Grenze Georgiens auf. Hier wartet mit dem Abano Pass Richtung Tusheti der höchste Pass des Kaukasus auf uns. Die Jungs von Mototravel sagen uns zwar, die Straße sei aktuell noch nicht wieder befahrbar, aber es ist mittlerweile zur Tradition geworden solche Hinweise zu ignorieren und den Weg einfach soweit zu genießen wie wir eben kommen. Wenn wir es nicht probieren würden, würden wir uns nur umso mehr ärgern. Bereits in der letzten Ortschaft vor dem Pass steht ein großes Warnschild, dass die Hochstrasse aktuell gesperrt ist. Wir beginnen die ersten kurven losen Bodens unter die Räder zu nehmen und genießen es, die Motorräder endlich wieder auf Schotterserpentinen den Berg hoch zu treiben. In einer besonders engen Kurve steht ein Trupp Bauarbeiter, welche die im hier oben noch ausklingenden Winter auf der Straße liegenden Gesteinsbrocken räumen und entstandene Löcher wieder auffüllen. Nachdem der Trupp überholt ist wird das Terrain etwas ruppiger, und an einem quer über den Weg rauschenden Wasserfall halten wir für unsere Mittagspause. Während wir Sandwiches und Orangensaft mit Kohlensäure aka Fanta zu uns nehmen, kommen eine Transalp und eine DRZ 400 den Weg hinuntergefahren. Laut den Fahrern ist der Weg in etwa 12 km unpassierbar, und auf dem Weg bis dorthin muss noch eine Schafherde durchquert werden. Nach ein paar Kilometern tut sich dann vor uns tatsächlich ein Meer aus weißer Wolle auf. Die berittenen Hirten tun ihr bestes mit Befehlen und und befehlverstärkenden Hieben den Weg für uns frei zu machen, die ganz ignoranten Exemplare müssen wir eben mit unseren Vorderräder sanft aus dem Weg schubsen. Kurz nach der Schafherde lassen wir dann auch die Baumgrenze hinter uns. Wir nähern uns der 3000 Meter Marke über dem Meeresspiegel und die Bäume werden daher mehr und mehr durch umgeknickte, verrostete Strommasten, große Gesteinsbrocken und Schneewehen am Wegesrand abgelöst. Auf gleicher Höhe zieht ein einsamer Adler seine Kreise in den Steigwinden über dem steil abfallenden Straßenrand. Bei dieser Höhe fängt die DR allmählich an im Leerlauf zu stottern, ansonsten laufen die Motorräder immer noch einwandfrei. Nachdem wir zahlreiche weitere Kehren erklommen haben, sehen wir vor uns dann den angekündigten Räumungstrupp. Die Planierraupe ist defekt und die Arbeiter reparieren diese bereits seit drei Wochen, abschleppen ist hier oben nicht möglich. Neben den Arbeitern treffen wir auch den Chef des örtlichen Nationalparks und einige Mitarbeiter an, welche die Mechaniker gerade mit Lebensmitteln versorgen. Sie sagen uns, dass die Straße einige Ecken weiter durch einen Erdrutsch praktisch nicht mehr vorhanden ist, und laden uns zu einer Runde kleiner Snacks und, wie könnte es anders sein, Schnaps ein.
Der Abano Pass wird in vielen Listen als eine der gefährlichsten Straßen geführt, dies ist wie so oft eine maßlose Übertreibung. Ja, es geht am Rand einige hundert Meter steil bergab, ja es gibt zahlreiche enge Schotterkehren und ja das Wetter kann einen durchaus überrumpeln, aber mit etwas Umsicht gefahren muss niemand auf dieser Straße um seine Sicherheit fürchten. Zumindest auf zwei Rädern nicht, für zwei Autos nebeneinander ist der Weg nämlich fast überall zu schmal. Dann muss eben einer einige Zeit zurücksetzen.
Zurück im Tal halten wir in einem Dorf am nächsten kleinen Lädchen an. Auch in dieser Ecke sind wir und die Maschinen mal wieder ein Highlight und wir müssen uns zahlreichen Fragen stellen: Seid ihr wirklich aus Deutschland hierhin gefahren? Wie viele Zylinder haben eure Motorräder? Wie viel kmh schafft ihr damit? Fahren die auch mit Diesel? Wenn ihr aus Deutschland kommt, warum fahrt ihr dann keinen Mercedes? Verwandte werden angerufen und von den beiden verrückten Deutschen in Kenntnis gesetzt. Da wir am nächsten Morgen nach Aserbaidschan ausreisen wollen, geben wir dem Obsthändler unsere letzten Münzen um Obst zu kaufen. Wir verlassen den Stand mit drei Tüten gefüllt mit Äpfeln, Tomaten und Gurken und wissen nicht so recht, wie wir das alles transportieren und aufessen sollen, bevor es schlecht wird.
Irgendwie findet dann aber doch alles seinen Platz und wir brechen zu unserem letzten Campingplatz in diesem Land auf.
Von der armenischen Grenze begeben wir uns auf direktem Weg nach Tiflis zu unserem spontan gebuchten Airbnb. Die Straße hinter diesem Grenzübergang ist zum Glück in wesentlich besserem Zustand als bei unserer Ausreise aus Georgien bei Zhdanovakani, also kommen wir zügig voran. Auf dem Weg vertilgen wir noch den Rest der fettigen Wurst und Teigfladen und gönnen den Motorrädern wieder mal eine Wäsche, da wir in den nächsten Tagen ein paar Wartungsarbeiten vornehmen wollen. An sauberen Motorrädern schraubt es sich doch wesentlich angenehmer. Pünktlich zum Feierabendverkehr erreichen wir die Hauptstadt, und das viele Stop and Go behagt vor allem der ölgekühlten DR nicht. Als die Öltemperatur die 100°C Marke erreicht, kommen wir endlich an unserer Unterkunft an und schieben die Motorräder in den Innenhof. Für die nächsten drei Tage ist ein Apartment mit Gemeinschaftsküche und Wohnzimmer, einem eigenem Bad sowie dem vielversprechenden Namen „Instagram Hotel“ unser zu Hause. Da wir noch immer außerhalb der Saison unterwegs sind, ist nur ein weiterer Gast da, und wir haben die komplette Wohnung praktisch für uns allein. Für diesen Luxus zahlen wir nur 12€ Euro pro Nacht – für zwei Personen. Wirklich „instagrammable“ ist der Ort zwar nicht, aber genau das, was wir brauchen.
Die paar Tage außerhalb des Sattels nutzen wir hauptsächlich für Erledigungen: Wäsche wird gewaschen und alle Leinen im Garten von uns damit beschlagnahmt, alle Steckdosen mit Ladegeräten für unsere Akkus bestückt, Fotos und Videos sortiert und die Website aktualisiert.
An den Motorrädern werden Luftfilter gereinigt und frisch geölt, los vibrierte Teile wieder fest geschraubt und kleinere Reparaturen vorgenommen. Auf der Suche nach einer Werkstatt, in welcher wir das Öl unserer Motorräder selber wechseln können, finden wir die Jungs von Mototravel Tblisi. Willem und Nika bieten geführte Touren durch Georgien an und vermieten ihre Motorräder auch an selbständige Fahrer. Zum Fuhrpark gehören die betagten BMW F650GS, die Suzuki Vstrom und die neue Honda AfricaTwin. Da in Georgien kein Direktvertrieb der Motorräder und Ersatzteile stattfindet, müssen die Jungs die Bikes, Reifen etc. alles aus dem Ausland importieren. Die XT660Z hatte es ihnen angetan, denn mit diesem Modell wollen sie eventuell die mittlerweile gealterten BMW ersetzen. Die Garage der Jungs ist ein Traum, sehr schön eingerichtet und erhöht gelegen, mit einem tollen Ausblick auf Tiflis.
Aber nicht nur unsere Fahrzeuge brauchen Pflege. Nachdem der nächstgelegene Beauty Salon sich weigert, uns die Haare zu schneiden, finden wir ein paar Straßenecken weiter doch noch einen kleinen Barber Shop. Ausländische Gäste scheinen hier aber eher ungewöhnlich zu sein, aus allen Ecken des Ladens werden uns die ganze Zeit verstohlene Blicke zugeworfen. Die zwei Haarschnitte kosten uns etwa fünf Euro, die Kasse des Salons besteht simplerweise aus zwei leeren Haribo Dosen: Eine für Münzen und eine für Scheine. Den Rest der Zeit verbringen wir damit durch die Stadt zu laufen, georgische Spezialitäten sowie Weine und Biere zu probieren und jeden Abend auf der in den georgischen Landesfarben strahlenden Freiheitsbrücke, begleitet von einem letzten Snack und Musik, ausklingen zu lassen.
Den letzten Abend in Tiflis fahren wir mit der Standseilbahn hoch in den um diese Uhrzeit geschlossenen, aber frei begehbaren Freizeitpark oberhalb der Stadt, direkt neben dem markanten Fernsehturm. Unter Fernsehturm und Riesenrad hat man einen imposanten Ausblick auf die in den dunklen Nachthimmel strahlende Stadt. Tiflis ist zwar die Hauptstadt und gleichzeitig die größte Stadt Georgiens, wirkt mit seinen nur knapp über 1 Millionen Einwohnern aber nicht so wie man es eben von einer Hauptstadt erwarten würde. Sobald man außerhalb des Zentrums in ein paar Nebenstraßen abbiegt, findet man hier genau so unbefestigte Wege und Hühnerställe wie auch auf dem Land. Die Stadt hat eine rundum angenehme Atmosphäre und verlockt dazu, länger zu bleiben, um ein wenig darin zu versinken.
Etwa eine Fahrstunde von Tiflis entfernt liegt Gori. Eine eigentlich eher kleinere Stadt, die vor allem durch einen Mann Berühmtheit erlangt hat: Es ist der Geburtsort Joseph Stalins. 1957 wurde hier für ihn ein eigenes Museum errichtet. Von einem ganzen Straßenzug ist nur das Stalinsche Elternhaus übrig, um welches herum das Museum gebaut wurde. Neben dem sehr einfachen Haus gibt es noch Stalins eigenen Eisenbahnwaggon (Stalin hatte angeblich Flugangst), zahlreiche Statuen und Büsten und eine Ausstellung aller möglichen Exponate seiner Geschichte und seines Werdegang in der Sowjetunion zu besichtigen. Besonders interessant : Die zahlreichen Geschenke von Parteifreunden und anderen Staatschefs an Stalin: Vom Schachbrett über ein kleines Vodkafass und eine mit Edelsteinen verzierte Zieharmonika bis hin zur imposantesten Nachttischlampe der Neuzeit ist alles dabei. Das Museum zeigt auf jeden Fall einen ganz anderen Umfang mit der eigenen Geschichte als man es aus aus Deutschland gewohnt ist. Man stelle sich den Aufschrei bei Eröffnung eines Adolf Hitler Museums vor. Dabei wirkt dieses Museums keineswegs verherrlichend, die Führung gibt neutral die historischen Ereignisse wieder und verschweigt auch die Millionen Toten aus Stalins Gulags nicht. Nur die russischen, mit den Statuen für Fotos posierenden Besucher geben dem ganzen einen faden Beigeschmack.
Nach drei Tagen in der Stadt wollen wir aber wieder auf den Motorrädern sitzen und brechen wieder einmal Richtung nördliche Grenze Georgiens auf. Hier wartet mit dem Abano Pass Richtung Tusheti der höchste Pass des Kaukasus auf uns. Die Jungs von Mototravel sagen uns zwar, die Straße sei aktuell noch nicht wieder befahrbar, aber es ist mittlerweile zur Tradition geworden solche Hinweise zu ignorieren und den Weg einfach soweit zu genießen wie wir eben kommen. Wenn wir es nicht probieren würden, würden wir uns nur umso mehr ärgern. Bereits in der letzten Ortschaft vor dem Pass steht ein großes Warnschild, dass die Hochstrasse aktuell gesperrt ist. Wir beginnen die ersten kurven losen Bodens unter die Räder zu nehmen und genießen es, die Motorräder endlich wieder auf Schotterserpentinen den Berg hoch zu treiben. In einer besonders engen Kurve steht ein Trupp Bauarbeiter, welche die im hier oben noch ausklingenden Winter auf der Straße liegenden Gesteinsbrocken räumen und entstandene Löcher wieder auffüllen. Nachdem der Trupp überholt ist wird das Terrain etwas ruppiger, und an einem quer über den Weg rauschenden Wasserfall halten wir für unsere Mittagspause. Während wir Sandwiches und Orangensaft mit Kohlensäure aka Fanta zu uns nehmen, kommen eine Transalp und eine DRZ 400 den Weg hinuntergefahren. Laut den Fahrern ist der Weg in etwa 12 km unpassierbar, und auf dem Weg bis dorthin muss noch eine Schafherde durchquert werden. Nach ein paar Kilometern tut sich dann vor uns tatsächlich ein Meer aus weißer Wolle auf. Die berittenen Hirten tun ihr bestes mit Befehlen und und befehlverstärkenden Hieben den Weg für uns frei zu machen, die ganz ignoranten Exemplare müssen wir eben mit unseren Vorderräder sanft aus dem Weg schubsen. Kurz nach der Schafherde lassen wir dann auch die Baumgrenze hinter uns. Wir nähern uns der 3000 Meter Marke über dem Meeresspiegel und die Bäume werden daher mehr und mehr durch umgeknickte, verrostete Strommasten, große Gesteinsbrocken und Schneewehen am Wegesrand abgelöst. Auf gleicher Höhe zieht ein einsamer Adler seine Kreise in den Steigwinden über dem steil abfallenden Straßenrand. Bei dieser Höhe fängt die DR allmählich an im Leerlauf zu stottern, ansonsten laufen die Motorräder immer noch einwandfrei. Nachdem wir zahlreiche weitere Kehren erklommen haben, sehen wir vor uns dann den angekündigten Räumungstrupp. Die Planierraupe ist defekt und die Arbeiter reparieren diese bereits seit drei Wochen, abschleppen ist hier oben nicht möglich. Neben den Arbeitern treffen wir auch den Chef des örtlichen Nationalparks und einige Mitarbeiter an, welche die Mechaniker gerade mit Lebensmitteln versorgen. Sie sagen uns, dass die Straße einige Ecken weiter durch einen Erdrutsch praktisch nicht mehr vorhanden ist, und laden uns zu einer Runde kleiner Snacks und, wie könnte es anders sein, Schnaps ein.
Der Abano Pass wird in vielen Listen als eine der gefährlichsten Straßen geführt, dies ist wie so oft eine maßlose Übertreibung. Ja, es geht am Rand einige hundert Meter steil bergab, ja es gibt zahlreiche enge Schotterkehren und ja das Wetter kann einen durchaus überrumpeln, aber mit etwas Umsicht gefahren muss niemand auf dieser Straße um seine Sicherheit fürchten. Zumindest auf zwei Rädern nicht, für zwei Autos nebeneinander ist der Weg nämlich fast überall zu schmal. Dann muss eben einer einige Zeit zurücksetzen.
Zurück im Tal halten wir in einem Dorf am nächsten kleinen Lädchen an. Auch in dieser Ecke sind wir und die Maschinen mal wieder ein Highlight und wir müssen uns zahlreichen Fragen stellen: Seid ihr wirklich aus Deutschland hierhin gefahren? Wie viele Zylinder haben eure Motorräder? Wie viel kmh schafft ihr damit? Fahren die auch mit Diesel? Wenn ihr aus Deutschland kommt, warum fahrt ihr dann keinen Mercedes? Verwandte werden angerufen und von den beiden verrückten Deutschen in Kenntnis gesetzt. Da wir am nächsten Morgen nach Aserbaidschan ausreisen wollen, geben wir dem Obsthändler unsere letzten Münzen um Obst zu kaufen. Wir verlassen den Stand mit drei Tüten gefüllt mit Äpfeln, Tomaten und Gurken und wissen nicht so recht, wie wir das alles transportieren und aufessen sollen, bevor es schlecht wird.
Irgendwie findet dann aber doch alles seinen Platz und wir brechen zu unserem letzten Campingplatz in diesem Land auf.